Nur nicht schlafwandeln! (Editorial des DAV-Vorsitzenden Dr. Max Happacher zum Sonderheft von Aktuar Aktuell)

Im Rahmen von Kranken- und Pflegeversicherungen heißt das zum Beispiel, dass jeder Versicherte darauf zählen kann, im Ernstfall die Pflege und Behandlung zu erfahren, die notwendig ist, ohne dass er hierdurch in eine existenzielle Krise rutscht, weil ihm dafür die finanziellen Ressourcen fehlen. Im Kontext der Alterssicherung resultiert das Risiko paradoxerweise aus einer positiven Entwicklung: Das immer höhere Alter, das viele von uns erreichen. Mit Risiko ist hier gemeint, dass dadurch die Wahrscheinlichkeit steigt, nicht mehr bis zum Ende des eigenen Lebens genug Geld für die eigene Versorgung zu haben. Genau dafür steht die Risikogemeinschaft in diesem Fall ein.
Die derzeitigen Entwicklungen in der Rentenpolitik sowie in der Kranken- und Pflegeversicherung höhlen dieses Sicherheitsversprechen weiter aus. Daher ist es uns ein sehr wichtiges Anliegen, dass substanzielle Reformen ergriffen werden, um dies zu stoppen. Denn sowohl die chronische Unterfinanzierung im Gesundheits- und Pflegesektor als auch die Unsicherheit der Menschen über ihre finanzielle Situation im Alter stellt ein existenzgefährdendes Problem und sozialen Sprengstoff für unsere Gesellschaft dar. Zugleich vermindert die damit einhergehende Kostenentwicklung gravierend das wirtschaftliche Potenzial unseres Landes, das wiederum die Basis unseres Sozialstaats ist.
Es darf nicht passieren, dass aufgrund der unbestreitbar wichtigen Maßnahmen, die anlässlich der Erosionen im transatlantischen Bündnis zur Verteidigung ergriffen werden, oder aufgrund von vermehrten Investitionen in die Infrastruktur die Probleme der Alterssicherung und des Gesundheitssystems weiter ignoriert bzw. sogar noch weiter verschärft werden. Wir dürfen bei diesen Themen nicht schlafwandeln: Die Reform der Alterssicherung muss in allen drei Säulen aufeinander abgestimmt und zeitnah innerhalb der anstehenden Legislaturperiode erfolgen. Sonst laufen die Kosten aus dem Ruder und wir bewegen uns weiter in einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale mit der Folge, dass es für die jüngeren Generationen später in deren Rentenphase zu deutlichen Einbußen und vermehrt zu Altersarmut kommen wird. Dasselbe gilt für das Gesundheitswesen, dessen aktuelle Probleme noch nicht einmal durch Demografie bedingt sind, sondern ihre Ursachen in Ineffizienz und damit einhergehend hohen Kosten haben. Die Alterung der Bevölkerung kommt dann noch erschwerend hinzu.
Wir möchten in diesem Sonderheft unsere Positionen darlegen, aber auch den Dialog mit wichtigen Stakeholdern aus Wirtschaft, Wissenschaft und staatlichen Institutionen spiegeln, der uns sehr am Herzen liegt und der neben der fachlichen Arbeit ein Fokus unserer Vereinigung ist. Wir sprechen im Magazin „Aktuar Aktuell“ darüber, wir sprechen in gleich zwei Podiumsdiskussionen auf unserer Jahrestagung am 28. und am 30. April darüber und wir sprechen direkt mit Politik und Institutionen darüber. Dies ist auch eine Einladung an Sie – lassen Sie uns in den Dialog treten. Wir stehen mit unserer Expertise zur Verfügung und freuen uns über Input von außen.