New Deal für die professionelle Pflege in Deutschland (Gastbeitrag von Thomas Knieling)

Die flächendeckende Versorgung mit professionellen Pflegeangeboten ist vielerorts bereits deutlich eingeschränkt. Ursache hierfür ist vor allem der große Personalmangel in der Branche. Dazu kommt nun auch noch die Gefährdung
des wirtschaftlichen Fortbestands vieler Pflegeunternehmen durch stark steigende Personal- und Energiekosten. Denn Kranken- und Pflegekassen als Kostenträger scheitern derzeit fast flächendeckend daran, durch zeitnahe Preisvereinbarungen für die Refinanzierung der gestiegenen Kosten zu sorgen. Dieses Versagen hat bereits zu ersten Insolvenzen geführt, die sich zusätzlich negativ auf die Versorgungslandschaft niederschlagen werden.
Die Situation in den Pflegeeinrichtungen ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass der finanzielle Druck auf Pflegebedürftige und Pflegekassen massiv steigt. Gleichzeitig müssen die Steuerzuschüsse in die Pflegeversicherung sowie die Pflegeversicherungsbeiträge immer weiter erhöht werden.
Angesichts dieser Entwicklung sind alle Institutionen, die für die professionelle pflegerische Versorgung Verantwortung tragen, aufgerufen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Versorgung auch in Zukunft flächendeckend gesichert und generationengerecht finanziert werden kann.
Aus Sicht des VDAB ist klar: Es braucht einen New Deal für die professionelle Pflege, der andere Antworten findet als immer mehr Geld, guten Willen und das Prinzip Hoffnung. Es geht dabei um eine echte Strukturreform, an deren Gestaltung sich Kassen, Leistungserbringer und letztlich auch die Gesellschaft auf Augenhöhe mit der Politik beteiligen. Ausgangspunkt wäre zunächst eine ehrliche Bestandsaufnahme und Prognose, welche Ressourcen in der professionellen Pflege verlässlich zur Verfügung stehen werden. Ausgehend davon wäre das System so neu zu justieren, dass professionelle Pflegeleistungen trotz stagnierender Ressourcen und steigender Nachfrage flächendeckend
verfügbar bleiben, denn die Zeiten eines sozialpolitischen „Wünsch-dir-Was“ sind vorbei. Zentraler Bestandteil sollte auch eine andere Rolle der Pflegeeinrichtungen sein. Ihre unternehmerische Gestaltungsfreiheit sollte wiederhergestellt werden. Sie sollten beispielsweise Verantwortung für Qualifikation, Umfang, Einsatz des Personals zurückerhalten und flexible Angebote ohne die Reglementierung durch starre Sektoren machen können. Denn mehr Flexibilität ist der Schlüssel zu mehr Effizienz!
Bleibt es beim bestehenden System ist der Weg vorgezeichnet. Trotz weiter stark steigender Kosten für die Allgemeinheit und die Pflegebedürftigen werden die Versorgungslücken größer werden. Die Akzeptanz und das Vertrauen in die soziale Pflegeversicherung speist sich vor allem aus der flächendeckenden Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit professioneller Pflegeleistungen, die es zu sichern gilt!