Prüfung der mittelfristigen Erfüllbarkeit der Verpflichtungen durch den Verantwortlichen Aktuar
Überblick
Der Verantwortliche Aktuar hat gemäß § 141 Abs. 5 Nr. 1 VAG u. a. sicherzustellen, dass bei der Berechnung der Deckungsrückstellung die Grundsätze der DeckRV und des § 341f HGB eingehalten werden, wobei er die Finanzlage des Unternehmens daraufhin überprüfen muss, „ob die dauernde Erfüllbarkeit der sich aus den Versicherungsverträgen ergebenden Verpflichtungen jederzeit gewährleistet ist“.
Die zitierte aufsichtsrechtliche Anforderung enthält insbesondere als notwendige Bedingung an die bei der Berechnung der Deckungsrückstellung verwendeten Rechnungsgrundlagen in ihrer Gesamtheit, dass die Deckungsrückstellung hoch genug sein muss, um (unter aus heutiger Sicht „ausreichend vorsichtigen“ Annahmen) daraus zusammen mit den erwarteten künftigen Erträgen, insbesondere Kapital- und Risikoerträgen, die erwartungsgemäß auf diese Verträge entfallenden künftigen Aufwendungen zu finanzieren.
Auch wenn diese Anforderung für den zu überprüfenden Bestand bei langfristiger Betrachtung (z. B. im Sinne von auf die Restlaufzeit des betrachteten Bestandes berechneten Barwerten) erfüllt ist, könnte dennoch das Risiko bestehen, dass die Erfüllbarkeit der Verpflichtungen in den nächsten Jahren nicht gewährleistet ist. Abhängig vom Kapitalanlagenbestand und dessen Bewertung (ggf. stille Lasten), der Entwicklung der übrigen Ergebnisquellen sowie dem Rechnungszinsaufwand können sich unter Umständen für die nächsten Jahre Rohergebnisse ergeben, die von Jahr zu Jahr stark schwanken und damit ggf. die Erfüllbarkeit der eingegangenen Verpflichtungen beeinflussen.
Aus diesem Grund empfiehlt die DAV das nachfolgend dargestellte Überprüfungsverfahren auf Basis einer Bilanzprojektion für einen empfohlenen Projektionszeitraum von mindestens 4 Jahren. Die gewählte Länge des Projektionszeitraums sollte dabei sicherstellen, dass bspw. die Auswirkungen der Zinszusatzreserve auf die Entwicklung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung hinreichend gut erfasst werden. Die Prüfung der langfristigen Erfüllbarkeit der Verpflichtungen ist Gegenstand des DAV-Hinweises „Risikobewertung langfristiger Garantien“.
Im Erläuterungsbericht muss der Verantwortliche Aktuar gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 3 AktuarV darlegen, dass die bei der Berechnung der Deckungsrückstellung verwendeten Rechnungsgrundlagen angemessene Sicherheitsspannen enthalten. Hinsichtlich der Rechnungsgrundlage Zins ist dabei die Regelung zur Zinszusatzreserve (ZZR) wesentlich.[1] Bei der Überprüfung der mittelfristigen Erfüllbarkeit der Verpflichtungen ist daher für den oben erwähnten Projektionszeitraum die Finanzierung der Anforderungen aus Rechnungszins und ZZR unter HGB zu betrachten.
Durch den so gewählten Ansatz werden aber auch die übrigen Garantien (aus Biometrie und Kosten) einbezogen. Vorausgesetzt ist dabei, dass die Rechnungsgrundlagen für Biometrie und Kosten separat einer Überprüfung im Sinne von § 4 Abs. 4 Nr. 3 AktuarV unterzogen werden.
Aufgrund der eingangs angeführten Verpflichtung des Verantwortlichen Aktuars kann es evtl. nicht ausreichen, diese Überprüfung nur einmal jährlich im Rahmen des Erläuterungsberichts vorzunehmen. Beispielsweise sollten die Einschätzungen bei wesentlichen Änderungen der Rahmenbedingungen oder der unterstellten künftigen Entwicklungen auch unterjährig und unabhängig von Jahresabschlussaktivitäten sowie der Abgabe der versicherungsmathematischen Bestätigung aktualisiert werden.
Der Hinweis zur Überprüfung der mittelfristigen Erfüllbarkeit der Verpflichtungen beschreibt nur ein mögliches Verfahren; auf Konsequenzen, die ggf. aus einer Nichtüberprüfung resultieren können, wird in diesem Hinweis nicht eingegangen.
[1] Mit Zinszusatzreserve wird hier der Einfachheit halber auch die Zinsverstärkung im regulierten Bestand bezeichnet. Die Frage, ob über die Zinszusatzreserve hinaus weitere Verstärkungen der Rechnungsgrundlage Zins für die Berechnung der Deckungsrückstellung notwendig werden können, wird im DAV-Ergebnisbericht „Überprüfung des Rechnungszinses für Bestandsversicherungen aus handelsrechtlicher Sicht“ betrachtet.
Verabschiedung
Dieser Hinweis ist durch den Vorstand der DAV am 27. Januar 2025 verabschiedet worden. Er ersetzt den gleichnamigen, von der DAV-Arbeitsgruppe Bewertung von Garantien erstellten Hinweis vom 20. Dezember 2017.