Zwischen Naturgewalten und Versicherbarkeit
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Aus Risikomanagement-Sicht ist dabei von Bedeutung, dass die zu beobachtende zunehmende Frequenz und Intensität von Extremwetterereignissen keine statistischen Anomalien sind, sondern ein klares Zeichen für die sich wandelnden Muster unseres Klimas.
Überall und immer öfter: Naturkatastrophen
Munich Re erfasst und analysiert seit den 1970er-Jahren Naturkatastrophenereignisse und nutzt diese Daten – zusammen mit der Expertise aus einem Team aus Naturwissenschaftlern – um Schadentrends sowohl für das Risikomanagement als auch für Geschäftsentwicklungszwecke einzuordnen. Wichtig ist dabei die Feststellung, dass Schadenanstiege aus wetterbedingten Katastrophen nicht auf wenige Regionen beschränkt sind. Es ist ein nahezu weltweites Phänomen, das sich im Detail nach unterschiedlichen Gefahrentypen wie Überschwemmungen, Stürme oder Gewitterereignisse differenzieren lässt. Dringender Handlungsbedarf ist also gegeben, wenn diese Entwicklung zu immer höheren Naturkatastrophenschäden abgedämpft werden soll: mehr Fokus auf kurz- und mittelfristig wirkende Präventionsmaßnahmen und parallel dazu wirksame Investitionen in den Klimaschutz.
Die Rolle der Versicherungsbranche in einer sich wandelnden Welt
Versicherungen spielen eine zentrale Rolle im Risikomanagement von Naturkatastrophen. Sie bieten nicht nur finanziellen Schutz für die Betroffenen, sondern fördern auch das Risikobewusstsein und die Anpassung an den Klimawandel. Doch die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen stellt die Branche vor die Frage: Können diese steigenden Risiken langfristig versicherbar bleiben?
Die Antwort ist komplex. Es geht aber eher um das „Wie“ die Versicherbarkeit gewährleistet werden kann, als um das „Ob“ überhaupt diese ökonomisch so bedeutende Funktion des Risikotransfers zukunftsfest ist. Und das in einem Umfeld, das sich verändert und schon verändert hat. Die steigenden Schadenssummen, getrieben durch sowohl klimatische Veränderungen als auch sozioökonomische Faktoren wie Wohlstandswachstum und Inflation, führen ohne Gegenmaßnahmen zu höheren Risiken und damit zu höheren Prämien. Insbesondere in hochgefährdeten Gebieten könnte mittelfristig die Folge sein, dass Versicherungen für einige unerschwinglich werden könnten.
Die Anpassung an diese neuen Herausforderungen erfordert Innovationen und Flexibilität von allen Beteiligten. Einerseits müssen Versicherer die Risikobewertungsmodelle stetig verfeinern, um die wachsenden Risiken präzise abzubilden. Andererseits ist es entscheidend, in präventive Maßnahmen zu investieren und resiliente Infrastrukturen zu fördern. Dies beinhaltet den Bau von Privat- wie Geschäftsgebäuden ebenso wie die öffentliche Infrastruktur, um sie besser an die jeweiligen lokalen Gefahren anzupassen. Das Weihnachtshochwasser 2023 in Deutschland hat klar verdeutlicht, wie wichtig zum Beispiel intakte Deiche sind, um die Schäden für alle Beteiligten gering zu halten.
Zudem ist es notwendig, über traditionelle Versicherungsmodelle hinauszudenken und innovative Lösungen wie Public Private Partnerships zu etablieren. Diese können insbesondere in Ländern mit niedrigem Einkommen einen wesentlichen Beitrag leisten, um die große Versicherungslücke dort zu schließen und den Schutz vor Naturkatastrophen zu verbessern.
Ein weiterer Aspekt ist, dass wir anerkennen müssen, dass die Versicherbarkeit von Naturkatastrophen auch eine soziale Dimension hat. Die Frage, ob sich jemand eine Versicherung leisten kann, darf nicht ausschließlich von Marktkräften bestimmt werden. Es geht um den Schutz unserer gemeinsamen Zukunft und die Sicherstellung, dass niemand zurückgelassen wird. Als Versicherungsindustrie haben wir die Verantwortung, innovative und inklusive Lösungen zu entwickeln, die allen Gesellschaftsschichten zugute kommen.
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