ESG – ein Blick über das Klima hinaus
Bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit von Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren der Maßstab „ESG“ durchgesetzt. Die drei Buchstaben stehen für die drei Säulen der Nachhaltigkeit: Environmental, Social und Governance. Unter ökologischer Nachhaltigkeit kann sich fast jeder etwas vorstellen, bei den beiden anderen Säulen, der sozialen Nachhaltigkeit und der nachhaltigen Governance, sieht das anders aus.
„Nachhaltigkeit“ ist eng mit dem Begriff Klimawandel verbunden. Dass Aktuarinnen und Aktuare von diesem Themenkomplex in ihrer Arbeit zum einen stark betroffen sind und zum anderen selbst einen großen Impact haben, ist längst bekannt. Die Versicherungsbranche muss bereits heute die Folgen des Klimawandels beachten und in der Schadenerwartung berücksichtigen. Neue Fragen wie die Häufigkeit von Pandemien und ihre Auswirkungen auf Produkte und Kalkulation stellen sich. Langfristige Investitionen in Infrastruktur und Energieversorgung sind notwendig, um eine nachhaltige Transformation der Gesellschaft zu erreichen. Mit diesen und ähnlichen Ansätzen beschäftigen sich unsere Mitglieder in den verschiedenen Ausschüssen und Arbeitsgruppen bereits seit Jahren und haben zahlreiche Ergebnisberichte dazu vorzuweisen.
Relativ am Anfang steht derzeit dagegen noch das Thema der sozialen Nachhaltigkeit, was an der oft unzureichenden Datenlage liegt. Doch auch dieses Themengebiet treibt die Versicherungswirtschaft und damit Aktuarinnen und Aktuare um. Der kollektive Risikoausgleich gewährleistet auch soziale Absicherung und bekämpft Armut. Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) möchte unter anderem im Rahmen der Podiumsdiskussion „Das S in ESG – was die Versicherungswirtschaft zur sozialen Nachhaltigkeit beitragen kann“ bei der Jahrestagung von DAV und DGVFM am 24. April 2024 einen Beitrag dazu leisten, den Fokus verstärkt auf diesen Bereich der Nachhaltigkeit zu lenken.
Auch im Bereich der Governance ist die DAV seit jeher sehr aktiv, man könnte sogar sagen, dass hierin ihr Gründungsmoment liegt: Mit der Novellierung des Versicherungsaufsichtsgesetzes 1994 wurde in Deutschland das Institut des Verantwortlichen Aktuars (VA) in der Lebensversicherung eingeführt; die kurz zuvor gegründete Aktuarvereinigung hat von Anfang an eine ihrer Kernaufgaben darin gesehen, über eine Vielzahl von Fachgrundsätzen und Ergebnisberichten, aber auch durch speziell auf die VA ausgerichtete Weiterbildungsangebote ihre Mitglieder zu unterstützen und abzusichern. Mit Einführung von Solvency II kamen die zentralen Schlüsselfunktionen „Versicherungsmathematische Funktion“ und „Unabhängige Risikocontrollingfunktion“ als wichtige Rollen für den Berufsstand hinzu – für Letztere wurde mit einer eigenständigen Zusatzqualifikation zum „Certified Enterprise Risk Actuary“ (CERA) sichergestellt, dass die Aktuarinnen und Aktuare über das erforderliche Know-how verfügen.
Wichtig ist für uns vor allen Dingen, vorausschauend Themen aufzugreifen, die sich gerade erst abzeichnen, und diese bereits frühzeitig mitzugestalten. Denn was allen Aktuarinnen und Aktuaren gemein ist, fasst unser Slogan gut zusammen: Wir rechnen mit der Zukunft. Und tragen gemeinsam dazu bei, dass diese auch für kommende Generationen gut werden kann.
Ihr Dr. Maximilian Happacher
Vorsitzender der DAV