Das S in ESG
In der im Rahmen der Jahrestagung von Deutscher Aktuarvereinigung e.V. (DAV) und Deutscher Gesellschaft für Versicherungs- und Finanzmathematik e.V. (DGVFM) stattfindenden Plenary Session „Das S in ESG – was die Versicherungswirtschaft zur sozialen Nachhaltigkeit beitragen kann“, untersuchten Dr. Klaus Mühleder vom Opportunity Management der Vienna Insurance Group, Daniel Weiß, Partner und Mitglied der Geschäftsleitung bei „phiyond by adelphi“ und Dr. Maximilian Happacher, Vorstandsvorsitzender der DAV, am 24. April 2024 unter Moderation von Philipp Krohn, FAZ, die zentrale Rolle des Versicherungssektors bei der Förderung der sozialen Nachhaltigkeit.
Den Kern des Versicherungsgedankens bildet das Konzept des kollektiven Risikoausgleichs. Ob in der Kranken-, Lebens- oder Sachversicherung, Versicherer ermöglichen durch Bündelung von Einzelrisiken eine quantitative Bewertung von Risiken und schaffen so Risikotragfähigkeit für das Individuum, wie Dr. Happacher einleitend darlegte. Dieser kollektive Ansatz stellt eine dem Geschäftsmodell innewohnende Grundausrichtung für soziales Wohlergehen und Stabilität dar.
Eine der Hauptstärken der Versicherungsbranche liegt laut Herrn Weiß in ihrer Fähigkeit, Risiken sorgfältig zu beurteilen und zu bewerten. Dieses Fachwissen geht über die traditionellen finanziellen Risiken hinaus und umfasst auch Überlegungen zur sozialen Nachhaltigkeit. Dr. Happacher fügte hinzu, die Versicherer verfügten über ein ausgeprägtes Verständnis für die nuancierte und vielschichtige Natur sozialer Risiken, was ihnen die Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen und Strategien sowie das Auflösen möglicher Zielkonflikte zwischen verschiedenen Nachhaltigkeitszielen, etwa sozialen und umweltschutztechnischen, ermögliche.
Trotz der Anerkennung der Bedeutung der sozialen Nachhaltigkeit bleibe die Messung und Quantifizierung ihrer Auswirkungen eine Herausforderung, so Weiß. Im Gegensatz zu Umweltkennzahlen seien Indikatoren für soziale Nachhaltigkeit oft komplexer und subjektiver. In der Branche besteht jedoch ein wachsender Konsens über die Notwendigkeit, soziale Faktoren in quantifizierter Form in die Versicherungspraxis zu integrieren, wenn auch unter sorgfältiger Berücksichtigung der Datenverfügbarkeit und der Messmethoden.
Die Versicherungsbranche übt durch ihre Anlagestrategien und Risikomanagementpraktiken unweigerlich einen erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft aus. Durch die Ausrichtung von Anlageportfolios an sozialen Nachhaltigkeitszielen und die Integration sozialer Erwägungen in Underwriting-Prozesse können Versicherer laut Dr. Mühleder einen positiven sozialen Wandel anstoßen und gleichzeitig finanzielle Interessen wahren.
Die Diskussionen während der Plenary Session erstreckten sich auch auf den globalen Kontext und betonten die Notwendigkeit einer regulatorischen Angleichung und eines fairen Wettbewerbs über Grenzen hinweg. Das Erreichen von Zielen der sozialen Nachhaltigkeit erfordere gemeinsame Anstrengungen und die Errichtung sowie Einhaltung gemeinsamer Standards, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaft im Allgemeinen und die Versicherer im Speziellen weltweit zu gewährleisten, so Dr. Happacher.
Ein wiederkehrendes Thema in den Diskussionen war das empfindliche Gleichgewicht zwischen Rentabilität und sozialer Wirkung. Soziale Nachhaltigkeitsinitiativen sind zwar für das langfristige gesellschaftliche Wohlergehen unerlässlich, müssen aber auch finanziell tragfähig sein, gab Dr. Mühleder zu bedenken. Die Versicherer erkennen die symbiotische Beziehung zwischen geschäftlicher Rentabilität und gesellschaftlichem Wohlergehen und streben ein harmonisches Gleichgewicht an. Denn ohne ein profitables Geschäftsmodell könnten die Versicherer nicht dauerhaft stabilisierend wirken und eine nachhaltige Entwicklung nicht dauerhaft voranbringen, stimmte Dr. Happacher zu. Hier kommt den Aktuarinnen und Aktuaren eine wichtige Rolle zu, um Optionen für diesen Ausgleich zu entwickeln und mit Entscheidungsträgern faktenbasiert zu diskutieren.
Mit Blick auf die Zukunft rechneten die Experten mit einer sich verändernden Regulierungslandschaft und sich wandelnden Marktanforderungen. Proaktive Anpassung, Innovation und Zusammenarbeit werden für Versicherer von entscheidender Bedeutung sein, um aufkommende soziale Risiken zu bewältigen und Chancen für positive soziale Auswirkungen zu nutzen, waren alle drei sich sicher.

Fazit
Die Plenary Session beleuchtete die zentrale Rolle der Versicherungsbranche bei der Förderung der sozialen Nachhaltigkeit innerhalb des breiteren ESG-Rahmens. Indem sie ihr
Fachwissen in den Bereichen Risikomanagement, Investitionen
und kollektive Risikominderung nutzen, haben die Versicherer
das Potenzial, sinnvolle Veränderungen voranzutreiben und
zu globalen Nachhaltigkeitszielen beizutragen. Während die
Branche die Komplexität der Integration sozialer Erwägungen
in ihre Geschäftstätigkeit bewältigt, werden Zusammenarbeit,
Innovation und proaktives Engagement der Schlüssel zur Verwirklichung der Vision einer sozial nachhaltigeren Zukunft sein.