Aktuarinnen und Aktuare in der Schaden- / Unfallversicherung
Der Beruf des Aktuars hat seine ursprünglichen Wurzeln in der Personenversicherung, dort speziell in der Lebensversicherung. Erst nachdem Anfang des letzten Jahrhunderts die mathematischen Grundlagen für eine wissenschaftliche Behandlung der Nicht-Leben-Sparten gelegt wurden, erschlossen sich auch die typischen Fragestellungen der Schaden- und Unfallversicherung einer aktuariellen Behandlung. Heute sind „Schadenaktuarinnen und -aktuare“ in der Haftpflicht-, der Sach-, der Unfall- und der Kraftfahrtversicherung nicht mehr wegzudenken.
Produktentwicklung
Die moderne Produktentwicklung verlangt mathematisches und wirtschaftliches Denken ebenso wie Intuition. Durch Marktanalysen über den Versicherungsbedarf gewinnen Aktuarinnen und Aktuare Erkenntnisse zur Änderung bestehender und zur Einführung neuer Tarife. Darauf aufbauend erarbeiten sie die Kalkulation der Prämien und Deckungsrückstellungen sowie technische Festlegungen für den entsprechenden Tarif. Dabei gehen sie von angemessenen versicherungsmathematischen Annahmen aus. Selbstverständlich muss der Versicherungsvertrag die durch ihn verursachten Kosten tragen. Wichtigstes Instrument zur Überwachung dieser Bedingungen ist die Deckungsbeitragsrechnung. Insofern hat sich die bloße Produktentwicklung heute zu einem umfassenderen Produkt-Controlling durch Aktuarinnen und Aktuare erweitert.
Reservierung und Tarifierung
In der Schadenversicherung sind die Schadenreserven von erheblicher Bedeutung für die Versicherungsunternehmen. Die Frage nach deren Angemessenheit können Aktuarinnen und Aktuare unter Einsatz risikotheoretischer Methoden prüfen und beantworten. Bei Versicherungssparten mit langer Abwicklungsdauer – wie beispielsweise der Haftpflichtversicherung – sind die Erkenntnisse über die Abwicklung von Schäden ausschlaggebend für die risikogerechte Preisfindung und Tarifierung.
Jahresabschluss
Aktuarinnen und Aktuare sind in der Schaden- und Unfallversicherung darüber hinaus bei der Aufstellung des Jahresabschlusses intensiv beteiligt. Sie berechnen Bilanzwerte, stellen Cashflow-Prognosen auf und bereiten Angaben für die interne Rechnungslegung auf. Auch die Nachkalkulation bei Unfallversicherungen mit Beitragsrückgewähr gehört zu ihren Aufgaben.
Ausschuss Schadenversicherung
Der Ausschuss Schadenversicherung ist als ständiger Ausschuss mit fachlichen Fragen der Schaden- und Unfallversicherung befasst. Darüber hinaus fördert der Ausschuss die beruflichen Interessen der in diesem Bereich in Deutschland praktisch tätigen Aktuarinnen und Aktuare, sei es in der Versicherungswirtschaft, in Beratungshäusern, Finanzinstituten, Behörden oder in Forschung und Lehre.
Der Ausschuss versteht es als seine Aufgabe, die Qualifikation der DAV-Mitglieder und die Fachkunde in der Praxis zu fördern, die Gremien der DAV, insbesondere den Vorstand, in allen fachlichen Fragen zu beraten und sich dabei mit weiteren zuständigen Gremien innerhalb der DAV abzustimmen sowie den steten Informations- und Erfahrungsaustausch mit Partnerorganisationen, Behörden und anderen Vereinigungen zu pflegen.
Darüber hinaus bildet die Unterstützung der DAA in allen Fragen der Aus- und Weiterbildung von Aktuarinnen und Aktuaren im Bereich der Schadenversicherungsmathematik einen weiteren Schwerpunkt der Ausschussarbeit.
Die im Ausschuss vertretenen Mitglieder bilden das gesamte Spektrum an Tätigkeits- und Kompetenzfeldern der in der Schaden- und Unfallversicherung tätigen Aktuarinnen und Aktuare ab. Dabei wird großer Wert darauf gelegt, dass dies insbesondere hinsichtlich Versicherungszweigen, Institutionen und spezieller Methodenkompetenz gewährleistet ist.
Die Arbeitsgruppen des Ausschusses
Zur Bearbeitung der vielfältigen Themen im Bereich der Schaden-Unfallversicherung hat der Ausschuss die folgenden aktiven Arbeitsgruppen eingerichtet
Die Arbeitsgruppe Schadenreservierung befasst sich mit der aktuariellen Bewertung versicherungstechnischer Rückstellungen in den Nichtleben-Sparten. Dies umfasst sowohl rechnungslegungsunabhängige methodische und prozessuale Aspekte wie auch die Behandlung konkreter fachlicher Problemstellungen sowie die Auswirkungen in HGB, Solvency II und IFRS.
Die AG Tarifierungsmethodik beschäftigt sich mit allen Aspekten der Tarifgestaltung in der Schadenversicherung, sofern diese nicht nach Art der Lebensversicherung betrieben wird. Die AG befasst sich mit den Ansätzen und Werkzeugen, die Aktuarinnen und Aktuare in der Schadenversicherung üblicherweise für die verschiedenen Schritte von den Daten bis zum fertigen Tarif verwendet.
Mit der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung von Haushalten, Industrie und öffentlicher Infrastruktur wächst auch das Risiko von Cyberattacken, die zu einer Vielzahl unterschiedlicher Sach-, Vermögens- und Reputationsschäden führen können. Vor dem Hintergrund des wachsenden Bedarfs und der steigenden Nachfrage nach entsprechendem Versicherungsschutz rücken Fragen der Produktentwicklung und Tarifierung sowie der Risikosteuerung von Cyberrisiken stärker in den Fokus. Die Arbeitsgruppe Daten und Methoden zur Bewertung von Cyberrisiken analysiert, wie und welche Daten verwendet werden können, um Cyberrisiken – gegebenenfalls unter Verwendung neuer methodischer Ansätze – mess-, steuer- und somit versicherbar zu machen.
Die Arbeitsgruppe Klimawandel - Aktuarielle Implikationen in der Schadenversicherung befasst sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Tätigkeiten von Aktuarinnen und Aktuaren in der Schadenversicherung. Dabei untersucht sie die praktischen Folgen für die aktuariellen Aufgaben und zielt darauf ab, Hilfestellungen in Form von Austauschmöglichkeiten, Überblicksberichten und Berichten zu Einzelthemen rund um die Themen Klimawandel, ESG-Risiken und Naturkatastrophen zu geben.
Die Arbeitsgruppe HUK befasst sich mit allen fachlichen Fragen zur Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung sowie den Rentenrückstellungen in der allgemeinen Haftpflichtversicherung, der Kraftfahrthaftpflichtversicherung, der Kraftfahrtunfallversicherung und der allgemeinen Unfallversicherung. Darüber hinaus unterstützt er die Verantwortlichen Aktuare in diesen Bereichen und gibt regelmäßig Hilfestellung für die praktische Arbeit der Aktuarinnen und Aktuare.
Die Arbeitsgruppe Qualifizierung ist mit der unabhängigen Qualitätssicherung der – von der zuständigen Prüfungskommission des Ausbildungs-und Prüfungsausschusses erstellten – Spezialwissen-Prüfungen beauftragt und insbesondere für die Qualitätssicherung der Prüfungen in den Fächern „Schadenversicherung 1“ und „Schadenversicherung 2“ zuständig.
Darüber hinaus sind die Mitglieder der Arbeitsgruppe für die stetige Weiterentwicklung des Weiterbildungsangebots im Bereich Schaden-/Unfallversicherung verantwortlich und beraten die Deutsche Aktuar-Akademie nicht nur im Hinblick auf aktuelle Themen und Formate, sondern wirken als Referenten auch bei der praktischen Umsetzung des Angebots mit.