Seit Längerem stehen die privaten Krankenversicherer in Deutschland in der Kritik, da sich ihre Beiträge häufig nicht kontinuierlich entwickeln, sondern aus Sicht der Versicherten nur schwer erklärbare Sprünge aufweisen. Die Deutsche Aktuarvereinigung e. V. (DAV) hat anlässlich der heutigen Jahrespressekonferenz ein Maßnahmenpaket vorgestellt, durch das die Beitragsverläufe privat Versicherter künftig gleichmäßiger gestaltet werden können.
„Dadurch könnte ein Teil der für die Beitragsermäßigung im Alter zur Verfügung stehenden Mittel bereits früher angespart und dadurch höhere Zinsgewinn für die Kunden erreicht werden“, unterstreicht der DAV-Vorstandsvorsitzende Roland Weber die Vorteile des neuen Systems. Zudem würden die einzelnen Beitragserhöhungen moderater ausfallen und wären für den Versicherten besser nachvollziehbar.
Reform der Auslösenden Faktoren
Herzstück des Reformvorschlags der Aktuare ist eine Neugestaltung der sogenannten Auslösenden Faktoren. Derzeit erlaubt das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) eine Überprüfung und ggf. Anpassung der Versicherungsbeiträge nur in zwei Fällen: Der erste ist die Abweichung der erwarteten von den einkalkulierten Versicherungsleistungen, z. B. durch höhere Leistungsausgaben aufgrund des medizinischen Fortschritts, um mehr als zehn Prozent. Der zweite ist die Abweichung der realen von den kalkulierten Sterbewahrscheinlichkeiten um mehr als fünf Prozent.
Diese Regelung ist nach Analyse der DAV doppelt problematisch. Zum einen haben andere Rechnungsgrundlagen wie beispielsweise Zinsen, medizinische Inflation, Preisinflation und Storno auch einen großen Einfluss auf die Kosten. Sie sind aber nicht relevant für die Frage, ob die Beiträge überprüft und ggf. angepasst werden dürfen. Zum anderen kritisieren die Aktuare bereits seit geraumer Zeit die isolierte Betrachtung der beiden Auslösenden Faktoren. Auf diese Weise werden die jeweils einzelnen Schwellenwerte teilweise über Jahre nicht erreicht. Dies führt dazu, dass Beitragsanpassungen häufig erst relativ spät durchgeführt werden dürfen und dadurch entsprechend hoch sein können.
Um dies künftig zu verhindern, regen die Aktuare an, bei der Ermittlung der Auslösenden Faktoren auch den Faktor Zins zu berücksichtigen, sodass Änderungen des Zinsniveaus zeitnah in die Beiträge einfließen. „Diese Anpassung an die neuen Kapitalmarktwirklichkeiten wäre ein entscheidender Schritt, das PKV-System zukunftssicher zu machen“, so Weber.
Bei Tarifwechseln für das Alter vorsorgen
Darüber hinaus plädiert die DAV dafür, bei Tarifwechseln innerhalb eines Unternehmens nicht alle durch den Beitragsnachlass zur Verfügung stehenden Mittel direkt zur Prämienreduktion einzusetzen, sondern einen Teil davon zu nutzen, um künftige Beitragsanpassungen abzuschwächen.
Gesetzlichen Prämienzuschlag flexibilisieren
Ferner haben sich die Aktuare intensiv mit dem zehnprozentigen gesetzlichen Zuschlag auf die Beiträge zur Krankenvollversicherung auseinandergesetzt, der im Rahmen der Gesundheitsreform 2000 eingeführt wurde. Die damit angesparten Mittel kommen den Versicherten zugute und werden ab Vollendung des 65. Lebensjahres zur Abmilderung von Beitragserhöhungen und ab Vollendung des 80. Lebensjahres zur Prämiensenkung eingesetzt. „Trotz Einführung dieses Zuschlags zeigen die Prämienentwicklungen, dass weitere Maßnahmen zur Dämpfung von Prämienerhöhungen bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres notwendig sind. Zudem ist seit 2000 die Lebenserwartung deutlich gestiegen“, führt Weber aus.
Die DAV schlägt daher vor, den gesetzlichen Zuschlag je nach Alter der Versicherten variabel zu gestalten und eine Verwendung der daraus generierten Mittel bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres zu ermöglichen.
Standardtarif weiterentwickeln
Der abschließende Vorschlag der DAV beschäftigt sich mit dem 1994 eingeführten Standardtarif. Dieser soll insbesondere älteren Versicherten die Möglichkeit geben, ihre Beiträge zur Krankenversicherung zu reduzieren, indem sie in diesen günstigen Tarif wechseln. Das Leistungsspektrum des Standardtarifs orientiert sich dabei am Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Allerdings steht der Standardtarif nur Versicherten offen, die vor dem 1. Januar 2009 Mitglied der PKV wurden.
Für Versicherte, die ihre Verträge später abgeschlossen haben, ist nur der Basistarif als Sozialtarif vorgesehen, in den jeder Kunde ohne Risikozuschläge aufgenommen werden muss. „Dadurch sind die Beiträge im Basistarif deutlich höher und er stellt insofern keine Lösung für Versicherte dar, die ihre Beiträge reduzieren möchten“, betont Weber. Die DAV plädiert aus diesem Grund für eine Öffnung des Standardtarifs auch für Versicherte, die erst nach dem 1. Januar 2009 in die PKV eingetreten sind. „Damit würde wieder ein Sozialtarif geschaffen, der diesen Namen auch verdient hat“, so Weber abschließend.
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