„Die andauernde Niedrigzinsphase gefährdet zunehmend das finanzielle Gleichgewicht bei Pensionskassen, Direktversicherungen und versicherungsförmigen Pensionsfonds." Das unterstrich das Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS), ein Zweigverein der Deutschen Aktuarvereinigung, am 30. Juni 2016 in Köln.
Durch die planmäßige Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus habe sich die Versorgungslücke für jüngere Menschen in Deutschland um ca. 50 bis 100 Prozent erhöht. Zudem seien die erwarteten künftigen Kosten zur Schließung dieser Lücke gegenüber der Zeit vor 2008 auf über das Dreifache des damaligen Niveaus gestiegen. Dadurch stehe die kapitalgedeckte private und betriebliche Altersvorsorge vor einer Zäsur. Denn entweder müssten die Beiträge angehoben bzw. Kapital nachgeschossen oder die Leistungen so weit herabgesetzt werden, bis die Kapitalstöcke zur dauerhaften Finanzierung der Leistungen wieder ausreichten.
Für die betriebliche Altersversorgung führten nach geltendem Recht beide Maßnahmen in der Regel zu massiven Mehrbelastungen für den Arbeitgeber, der für die zugesagten Leistungen einzustehen hat, so das IVS. Insofern übertrage sich der Druck der Kapitalmärkte unmittelbar auf die Unternehmen, die sich diesem aufgrund des bestehenden Rechtsrahmens auch nicht entziehen könnten.
Dieses Problem werde sich weiter verschärfen, wenn der Gesetzgeber nicht eingreife und das Gleichgewicht der betrieblichen Altersversorgung auch im Sinne der Generationengerechtigkeit wieder herstelle. „Dabei dürfen wir aber nicht zulassen, dass ausschließlich die jungen und zukünftigen Arbeitnehmergenerationen die Last tragen“,
unterstrich das IVS.
Vor diesem Hintergrund plädieren die Aktuare für mehr Flexibilität sowie eine Harmonisierung von Aufsichtsrecht und Arbeitsrecht, um sowohl die Belange der Arbeitnehmer als auch der haftenden Arbeitgeber nachhaltig zu wahren. In diesem Zusammenhang sprechen sich die IVS-Aktuare für eine höhere aufsichtsrechtliche Flexibilität bei der Anwendung der starren Bedeckungsvorschriften aus. Damit könne dem Umstand besser Rechnung getragen werden, dass sich Sparvorgänge in der betrieblichen Altersversorgung über Jahrzehnte hinzögen und Volatilitäten in der Kapitalanlage über die Zeit mit hoher Sicherheit wieder ausglichen.
Aber auch das Zusammenspiel von Aufsichtsrecht und Arbeitsrecht ließe sich deutlich verbessern, um die Einstandspflicht des Arbeitgebers zielgerichtet auf garantierte Leistungen und bereits erworbene Anrechte zu begrenzen. So sollte eine durch den Niedrigzins induzierte, aufsichtsrechtlich zulässige Tarifumstellung einer Pensionskasse für zukünftige Beiträge unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers als arbeitsrechtlich zulässiger Eingriff in die Versorgungszusage anerkannt werden. Dabei sollte diese Möglichkeit sinngemäß auch für andere Durchführungswege eröffnet werden, die nicht der Versicherungsaufsicht unterliegen.
Schließlich schlagen die IVS-Aktuare vor, überschussfinanzierte Leistungen generell unter Leistungsvorbehalt zu stellen und insoweit in der Versorgungszusage stärker zwischen garantierten, von der Einstandspflicht erfassten und nicht garantierten Leistungen zu differenzieren.
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