Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat sich am 6. September 2023 in einem Schreiben an das Bundesministerium der Justiz (BMJ) dafür ausgesprochen, eine nachhaltige Neuausrichtung der handelsrechtlichen Abzinsungskonzeption für Pensionsrückstellungen zu erwägen und mit den relevanten Stakeholdern zu diskutieren. Stefan Oecking, stellvertretender Vorsitzender des IVS – Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V., äußert sich anerkennend dazu: „Wir stehen bereits seit mehreren Jahren zu diesem wichtigen Thema im engen Austausch mit dem IDW und begrüßen die nun vorgebrachten Vorschläge ausdrücklich.“
Die betriebliche Altersversorgung ist wesentlicher Teil des deutschen Alterssicherungssystems. Für Direktzusagen müssen Unternehmen Pensionsrückstellungen bilden, die oftmals einen erheblichen Teil der Bilanzsumme ausmachen. Das Handelsrecht regelt, mit welchem Zins diese Pensionsrückstellungen zu bewerten sind. Derzeit ist dies ein durchschnittlicher Marktzinssatz der vergangenen 10 Geschäftsjahre. Das IDW und das IVS sehen grundlegenden und nachhaltigen Reformbedarf an dieser Zinsfestlegungsmethodik. Die Niedrigzinsphase der letzten Jahre hat gezeigt, dass trotz der mehrjährigen Durchschnittsbildung Pensionsrückstellungen allein aufgrund der Entwicklung an den Kapitalmärkten signifikant gestiegen sind. Dies hatte erhebliche Auswirkungen auf das Jahresergebnis und andere Finanzkennzahlen der Unternehmen zur Folge und verzerrte am Ende das Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.
Grundgedanke des in dem
IDW-Schreiben dargelegten Konzepts ist die gesetzliche Vorgabe eines fixen Bewertungszinssatzes, der ein langfristiges durchschnittliches Marktzinsniveau widerspiegelt und nur in größeren Zeitabständen (anlassbezogen) einer Überprüfung unterzogen wird.
Das IVS schließt sich der Forderung des IDW nach einem konstanten HGB-Rechnungszins an
„Wir freuen uns, dass das IDW uns in die Entwicklung der Neukonzeption des HGB-Rechnungszinses intensiv eingebunden hat und wir unsere aktuarielle Expertise und unser bAV-Knowhow einbringen durften. Der Vorschlag des IDW deckt sich weitgehend mit unseren Überlegungen, wie der Paragraf 253 HGB reformiert werden könnte", so Oecking. „Insbesondere die Forderung nach der Festlegung eines konstanten Zinssatzes, der in größeren Zeitabständen überprüft wird, unterstützen wir voll und ganz." Das IVS schließt sich damit ausdrücklich der Forderung des IDW an den Gesetzgeber an sicherzustellen, dass ein sich veränderndes Marktzinsniveau kurz- und mittelfristig keine Auswirkungen auf die Bewertung des Bestands an Altersversorgungsverpflichtungen hat. Denn diese Verpflichtungen müssen nicht nach den strengen Regeln der Kapitaldeckung finanziert werden. Außerdem wickeln sie sich oft über viele Jahrzehnte ab und können nicht durch die Versorgungsberechtigen, wie oft in der Lebensversicherung möglich, zurückgekauft werden. „Der Gesetzgeber sollte einen langfristig risikoarmen Zinssatz festlegen, der unterhalb der überwiegend erzielbaren Gesamtkapitalrendite liegt und so ein willkür- und zweifelsfreies Ablesen der vereinbarten Zinssätze ermöglichen", schließt Oecking sich der Forderung des IDW an. Außerdem sollte auch die Zeitwertbewertung von Deckungsvermögen kritisch hinterfragt und ggf. abgeschafft oder eingeschränkt werden.
IVS spricht sich für die Einbeziehung weiterer Größen in die Festlegung des HGB-Rechnungszinses aus
In einem Punkt sieht das IVS an den Vorschlägen des IDW noch weiteren Prüfungsbedarf: Die vom IDW vorgeschlagene „Ultimate Forward Rate" (UFR) kann ein erster Indikator für die mögliche Höhe eines handelsrechtlichen Bewertungszinses sein. Nach Ansicht des IVS sind aber auch andere Größen wie beispielsweise die längerfristige, mittlere Gesamtkapitalrendite deutscher Unternehmen, die langfristigen Renditen hochwertiger festverzinslicher Unternehmensanleihen oder die Erwartungen zum künftigen Marktzins in die Betrachtung einzubeziehen. Das IVS wird sich auch weiterhin gerne in die erforderlichen fachlichen Überlegungen einbringen.
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