„Die Ergebnisse der Fokusgruppe private Altersvorsorge verfolgen in einigen Punkten den richtigen Ansatz, dem Kernthema Lebensstandardsicherung im Alter werden sie aber nicht gerecht“, kommentiert Dr. Max Happacher, Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV), das vergangene Woche veröffentlichte Papier des vom Bundesministerium der Finanzen eingesetzten Gremiums. So kritisiert er etwa die Gleichstellung der Rente mit zeitlich befristeten Auszahlungsplänen und die Idee eines vollständigen Wegfalls von Garantien.
Positiv hebt Happacher hervor, dass mit dem Ergebnispapier ein Bekenntnis zu mehr Reformwillen erfolgt, die Bedeutung der privaten Vorsorge für die Alterssicherung hervorgehoben und weiterhin eine sozial orientierte und vereinfachte staatliche Förderung angestrebt wird. Auch der Vorschlag, sich mit höheren Startrenten zu beschäftigen und so Spielraum in der Auszahlphase zu ermöglichen, hebt er hervor. Dennoch merkt er aus aktuarieller Perspektive Kritikpunkte an: „Die Fokusgruppe betont, dass die nachhaltige Absicherung des Lebensstandards breiter Bevölkerungsgruppen das Ziel einer Reform der privaten Altersvorsorge sei. Die Vorschläge werden dem nur zum Teil gerecht bzw. konterkarieren dieses Ziel sogar“, so Happacher.
Kompletter Garantieverzicht nicht sinnvoll
Für begrüßenswert hält der oberste Vertreter der deutschen Aktuarinnen und Aktuare die Bereitschaft, Chancen des Kapitalmarktes für eine renditestärkere Altersvorsorge zu nutzen. „Dazu gehört es auch, dass Garantieanforderungen abgesenkt und so Möglichkeiten für mehr Anlage in Sachwerten wie Aktien und Immobilien geschaffen werden“, erklärt Happacher. Allerdings ist die Fokusgruppe aus DAV-Sicht über das Ziel hinausgeschossen, indem ein vollständiger Garantieverzicht für einzelne Produkte vorgeschlagen wird. „Auf Basis aktuarieller Erkenntnisse ist eine komplette Abkehr von der Garantie nicht notwendig und hier auch nicht zielführend. Sie dient immerhin als Sicherheitsnetz. Es sollte eine gesunde Abwägung zwischen Renditechancen und damit einhergehenden Risiken geben. Gerade für die relevanten Gruppen, bei denen es um die Vorbeugung von Altersarmut sowie Lebensstandardsicherung und nicht in erster Linie um Renditeoptimierung geht, ist eine risikoreiche Anlage ohne Sicherheitsnetz nicht die beste Lösung.“
Langfristinvestitionen in ökologischen Umbau gefährdet
Das Papier der Fokusgruppe hebt die Bedeutung des Wettbewerbs zwischen den Anbietern und von Wechselmöglichkeiten hervor. Eine maximale Flexibilität beim Anbieterwechsel in der Ansparphase kann nicht mit sehr langfristiger Anlagestrategie in Einklang gebracht werden. Happacher: „Gerade beim angestrebten ökologischen Umbau der Gesellschaft sind aber genau solche Langfristinvestitionen gefragt. Kapitalanleger müssen hierfür Planungssicherheit haben. Das beschränkt größtmögliche Wechsel-Flexibilität.“
Pläne zur Rente: „staatlich geförderte Altersarmut“
Der Hauptkritikpunkt der DAV betrifft die Gleichstellung der Rente mit zeitlich befristeten Auszahlungsplänen. Happacher führt hierzu aus: „Das würde bedeuten, den zentralen Kerngedanken von Altersvorsorge aufzugeben. Die Finanzierung der Lebenshaltungskosten zur Vermeidung von Altersarmut kann nur durch eine lebenslange Rente erreicht werden. Hierbei muss es sich um stabile Zahlungen handeln, die garantiert bis zum Lebensende laufen und nicht dann enden, wenn ein Vermögenstopf aufgebraucht ist. Bei allem Wunsch nach Wahloptionen: Die Vorschläge laufen darauf hinaus, dass viele Rentner – teilweise mit hohem Pflegebedarf – plötzlich kein Geld mehr haben, weil sie ein Auszahlungsmodell gewählt haben, das nicht lebenslang garantiert ist. Wenn das Modell der Rente in der privaten Altersvorsorge für die breite Bevölkerung untergraben wird, halten wir das für fahrlässig. Das käme staatlich geförderter Altersarmut gleich.“
Gesprächsangebot an die Politik
Die Vorschläge der Fokusgruppe sollen nun in den politischen Prozess überführt werden und noch in dieser Legislaturperiode zu Gesetzesvorhaben führen. „Reformen sind längst überfällig“, hält Happacher fest. Insgesamt sieht der DAV-Vorsitzende im weiteren Prozess noch deutlichen Handlungsbedarf, aber auch den nötigen Handlungsspielraum sowie auf Seiten der Politik angesichts des aktuellen Diskussionsstandes weitergehenden Beratungsbedarf. „Wir Aktuarinnen und Aktuare der DAV stehen als neutrale Instanz bereit, unser versicherungsmathematisches Know-how in den anstehenden Prozess einzubringen. Wir können auf diesem Weg einen fairen Interessenausgleich aller Beteiligten erwirken, um die private Altersvorsorge nachhaltig auf solide Beine zu stellen. Ihren Wert kann man angesichts der demografischen Entwicklung nämlich nicht hoch genug einschätzen.“
Die vollständige Pressemeldung als pdf können Sie hier lesen.
Ein Foto des DAV-Vorsitzenden sowie des engeren Vorstandes finden Sie unter
diesem Link.
Den Bericht der Fokusgruppe finden Sie
hier (externer Link).