Beim heutigen digitalen Pressegespräch des Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) begrüßte Past-President Dr. Herbert Schneidemann die derzeit diskutierten Überlegungen zur Einführung einer kapitalgedeckten privaten Pflegeversicherung: „Das wäre ein sinnvoller Schritt, um dem absehbaren Pflegenotstand entgegenzutreten.“
Allein durch die Alterung der Gesellschaft ist in den kommenden 50 Jahren mit einer starken Zunahme pflegebedürftiger Personen zu rechnen. Bei der realistischen Annahme, dass die Pflegequote aufgrund der demografischen Entwicklung noch steigen wird, würde die Belastung sogar noch stärker zunehmen. „2021 gab es etwa 5 Mio. Pflegebedürftige in Deutschland. Realistische Prognosen gehen bis 2030 von 6,1 Mio. und bis 2070 von 7,7 Mio. Pflegebedürftigen aus“, so Schneidemann.
Umlagefinanzierte Pflegeversicherung allein genügt nicht
„Die umlagefinanzierte soziale Pflegeversicherung ist bereits jetzt immer häufiger und immer eklatanter im defizitären Bereich. Es ist absehbar, dass dieser Umstand noch zunimmt und perspektivisch zu Lasten der Leistungen der Pflegeversicherten oder der Beitragszahler gehen wird.“ Hinzu kommt, dass das Risiko, pflegebedürftig zu werden, im höheren Alter zunimmt. „Das Modell der umlagefinanzierten sozialen Pflegeversicherung verstößt in einer alternden Gesellschaft daher gegen das Prinzip der Nachhaltigkeit auf Kosten der folgenden Generationen. Sie allein genügt nicht, um diesen Herausforderungen zu begegnen.“
Kapitaldeckung sinnvoll
Schneidemann: „Eine kapitalgedeckte Pflegezusatzversicherung kann ihren Beitrag leisten, dem entgegenzutreten und mehr Nachhaltigkeit in der Finanzierung zu erwirken. Das kann in Form eines Obligatoriums geschehen, wie es aktuell diskutiert wird, oder über freiwillige, steuerlich geförderte Pflegezusatzversicherungen zum Beispiel zur Absicherung künftiger Dynamisierungen.“
Kontrahierungszwang mit Tücken
Dabei ist aber darauf zu achten, dass bei freiwilligen Lösungen ohne Gesundheitsprüfung, die jedoch mit einem gesetzlich vorgeschriebenen Kontrahierungszwang einhergehen – also die Pflicht eines Versicherers zum Vertragsabschluss – Selektionseffekte und in der Folge höher zu kalkulierende Prämien erwartbar sind. Schneidemann führt aus: „Selektionseffekte bedeuten in dem Kontext, dass besonders häufig Menschen eine solche Versicherung abschließen, deren Pflege-Risiko erhöht ist. Im Falle eines Obligatoriums, also einer Pflichtversicherung, bei der alle versichert werden, fallen solche Selektionseffekte weg, weshalb die Pflichtversicherung in diesem Kontext ein probates Mittel wäre, diesem Problem zu begegnen.“
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