Die Regierungsparteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag die Stärkung der Betriebsrente vereinbart. Im September dieses Jahres haben das Arbeits- und das Finanzministerium per Rundschreiben Verbände, Sozialpartner und Wissenschaft gemeinsam zu einem Fachdialog über die „Stärkung der Betriebsrente“ eingeladen. Das IVS – Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V. hat sich mit konkreten Vorschlägen intensiv daran beteiligt.
Ausgangspunkt für die Vorschläge des IVS sind im Wesentlichen folgende Zielsetzungen:
- Junge Menschen müssen im Interesse der Generationengerechtigkeit wieder die Perspektive auf eine attraktive betriebliche Altersversorgung (bAV) erhalten.
- Arbeitgeber brauchen Planbarkeit und müssen angesichts der großen Zeiträume, um die es in der bAV geht, gleichzeitig flexibel bleiben, auf Unvorhergesehenes zu reagieren.
- In der bAV ist eine Kapitalanlage mit größeren Renditechancen bei Bestands- wie bei Neuzusagen notwendig. Nur so ist der gesteigerten Inflation und damit dem negativen Realzins, mit denen wir es auf absehbare Zeit zu tun haben werden, wirksam zu begegnen.
Konkret plädiert das IVS in seiner Stellungnahme, die es am 18. November 2022 bei den zuständigen Bundesministerien eingereicht hat, für eine Absenkung des garantierten Mindestniveaus für die Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML). „Nur eine Mindestleistung deutlich unter 100 Prozent des Beitragserhalts ermöglicht eine sachwertorientierte Kapitalanlage und damit die Chance auf höhere Renditen“, erläutert Dr. Friedemann Lucius, Vorstandsvorsitzender des IVS. „In Zeiten anhaltender negativer Realzinsen lässt sich auf diese Weise ein attraktives Leistungsniveau darstellen, ohne die Beiträge drastisch anheben zu müssen.“
Des Weiteren schlägt das IVS vor, Arbeitgebern grundsätzlich zu erlauben, überdurchschnittlich hohe Betriebsrenten nicht mehr in voller Höhe an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes anzupassen, wie es bei unmittelbar zugesagten Versorgungsleistungen derzeit allgemein üblich ist. Im Gegenzug die freiwerdenden Mittel den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Anwartschaft mit in der Regel deutlich niedrigeren Betriebsrentenerwartungen zugutekommen lassen. „Ziel ist nicht, dass Arbeitgeber dadurch Mittel einsparen, sondern dass sie unter Wahrung ihres Dotierungsrahmens eine Umverteilung der Finanzierungsmittel zugunsten der aktiven Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vornehmen können“, betont Lucius und führt weiter aus: „Wenn diese Umverteilung nach den anerkannten Grundsätzen der Versicherungsmathematik erfolgt, kann sie einen konkreten Beitrag zu mehr Generationengerechtigkeit in der bAV leisten“.Diese Thematik hatte das IVS bereits Ende September im Rahmen einer Pressekonferenz und zugehöriger
Pressemitteilung dargelegt.
Schließlich setzt sich das IVS dafür ein, den Risikoträgern im Bereich der versicherungsförmig durchgeführten bAV, also Lebensversicherern, Pensionskassen und Pensionsfonds, eine sachwertorientiertere Kapitalanlage ohne zusätzlichen Kapitaleinsatz zu ermöglichen, indem Wertverluste aufgrund von Kapitalmarktschwankungen in stärkerem Umfang als bisher zugelassen werden. „Dazu muss mit aktuariellen Methoden nachgewiesen werden, dass etwaige Buchwertverluste über die Zeit mit hinreichender Sicherheit wieder aufgeholt werden können“, führt Lucius aus. Die Frage, wann eine Wertminderung im Anlagevermögen dauerhaft ist und insoweit als Verlust abgeschrieben werden muss, kann nach Auffassung des IVS unter den Rahmenbedingungen der bAV deutlich weniger restriktiv beantwortet werden. Denn Versorgungsverpflichtungen wickeln sich erst über Jahrzehnte ab. Diesem Umstand müsse bei der Einschätzung dauerhafter Wertminderungen Rechnung getragen werden. Es sei nicht zielführend, wenn Buchwertverluste, die sich im Zeitablauf mit hoher Sicherheit wieder ausgleichen, abgeschrieben werden müssen bzw. verlustreiche Umschichtungen in der Kapitalanlage auslösen, durch die zukünftige Ertragschancen verbaut werden. „Unter diesen Umständen werden Risikoträger solche Risiken aufgrund der restriktiven Bedeckungsvorschriften von vornherein meiden. Das Ergebnis ist eine risikoarme und insofern relativ ertragsschwache Kapitalanlage. Das ist kontraproduktiv, davon müssen wir weg“,erläutert Lucius und fasst zusammen: „Die Fähigkeit zur Wertaufholung über die Zeit muss daher sowohl als Risikopuffer wie auch als Maßstab zur Beurteilung der Frage einer dauerhaften Wertminderung anerkannt werden“.
Die Pressemitteilung als pdf finden Sie hier.