Das aktuelle Kapitalmarktumfeld in Europa wird weiterhin stark durch die Finanzkrise bestimmt. Die Renditen von Staatsanleihen der Peripherieländer steigen an und erreichen Niveaus, bei denen sich die Frage nach der Tragfähigkeit durch die öffentlichen Finanzen dieser Länder stellt. Dies führt im Ergebnis dazu, dass festverzinsliche Anlagen guter Bonität, wie deutsche Staatsanleihen, niedrige Renditen aufweisen: Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen betrug im Mittel der letzten fünf Jahre 3,1 %, aktuell gehen die Renditen aller europäischen Staatsanleihen auf historische Tiefststände zurück, die 10-jährige Bundesanleihe rentiert nur noch um den Wert von 1,25 %. Die Renditen kürzer laufender Staatsanleihen der Bundesrepublik Deutschland sind teilweise sogar negativ.
Schwierige Situation für den Bestand
Die durchschnittliche Garantieverzinsung in der deutschen Lebensversicherung beträgt derzeit 3,15 %. Die laufende Verzinsung von rund 3,7 % liegt damit nur noch um 0,55 % über den von den Unternehmen durchschnittlich ausgesprochenen Garantien. Hält diese Situation an, so wird es für die Unternehmen immer schwieriger, den Garantiezins zu erwirtschaften. Dieses Problem wird durch die Einführung der Zinszusatzreserve, die die Versicherer seit 2011 als Zusatzpuffer aufbauen müssen, manifestiert: Die Zinszusatzreserve nimmt einen Teil der zukünftigen Probleme bereits in den aktuellen Rechnungsabschlüssen vorweg. Eine weitere Verschärfung der Situation könnte sich durch die Vorschriften für die Kapitalausstattung der Versicherer unter dem neuen gemeinsamen Aufsichtssystem Solvency II in Europa ergeben, die derzeit in Brüssel verhandelt werden.
Die Probleme für den Bestand können die Unternehmen durch Optimierung der Kapitalanlage und konsequentes Kostenmanagement in den Griff bekommen. Zusätzliche Spielräume könnte der Gesetzgeber durch die Reform nur scheinbar verbraucherfreundlicher Regulierungen schaffen – zum Beispiel durch die Einführung einer Teilkollektivierung der freien RfB oder eine Anpassung der Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere. Diese ist aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Versicherungsnehmern ohnehin abzulehnen. In der Niedrigzinsphase beschädigt sie die Risikotragfähigkeit.
Neugeschäft: Innovative Produkte mit stärkerer Anpassung an die Kapitalmärkte
Beim Neugeschäft der deutschen Lebensversicherer sind Innovationskraft und größere Flexibilität bei der Produktgestaltung notwendig, z. B. durch Abschnittsgarantien, die sich dem jeweiligen Zinsniveau am Markt anpassen. Neue Produkte mit geringeren Garantiekosten könnten sogar eine bessere Performance aufweisen als klassische Policen. Aber auch diese sollten weiterhin im Markt angeboten werden, um den Bedarf derjenigen Kunden, die sich ausdrücklich für eine lebenslange Garantie entscheiden, abdecken zu können. Dementsprechend erwartet die DAV einen breiteren Produktmix, bei dem jeder Kunde genau die Lösung finden sollte, die seinen individuellen Sicherheits- und Renditewünschen entspricht.
Fazit
Die anhaltende Niedrigzinsphase ist eine große Herausforderung, die nur im Zusammenwirken von Lebensversicherern, Gesetzgeber und Aufsicht zu bewältigen ist. Die Unternehmen sind bei ihrem Kapitalanlage- und Kostenmanagement gefordert, im Rahmen einer grundlegenden Renovierung der Lebensversicherung müssen die Garantien neuer Produkte stärker an die Gegebenheiten der Kapitalmärkte angepasst und damit flexibler gestaltet werden. Gesetzgeber und Aufsichtsamt sind aufgerufen, die für die Kapitalausstattung der Lebensversicherer zentralen gesetzlichen Regelungen zu überprüfen. Die Aktuare stehen mit ihrem Know-how für eine sachgerechte und transparente Umsetzung der Anforderungen und gesetzlichen Regelungen.
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