Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) appelliert an die Europäische Versicherungsaufsicht (EIOPA) und die EU-Kommission, die Auswirkungen der EZB-Anleihenankaufprogramme auf die Funktionsweise des Kapitalmarktes beim Review des europäischen Aufsichtsregimes Solvency II eingehend zu untersuchen. „Bislang hat die EIOPA die seit geraumer Zeit zu beobachtenden Kapitalmarktverwerfungen in ihrem Konsultationspapier komplett außer Acht gelassen und geht weiterhin von einem freien, funktionierenden Markt aus“, kritisiert der stellvertretende DAV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Herbert Schneidemann.
Dieser Einschätzung seitens EIOPA widerspricht die DAV, da die Europäische Zentralbank als übermächtiger Käufer am Markt agiere und dadurch die anerkannten Kapitalmarkttheorien außer Kraft setze. „Damit wird Solvency II teilweise das Fundament entzogen und künftige Prognoserechnungen beruhen auf grundlegend falschen Annahmen“, erläutert Dr. Schneidemann. So würde durch die billionenschweren EZB-Ankaufprogramme die wichtige Zinsstrukturkurve auf Dauer künstlich nach unten gezogen, obwohl die Programme bereits in einigen Jahren auslaufen sollen. Solvency II gehe aber davon aus, dass die EZB in den kommenden 50 Jahren diese Politik aufrechterhalte. Entsprechend müssten die Versicherungen deutlich höhere Rückstellungen als nötig bilden – mit negativen Auswirkungen auf die Solvenzquoten. „Diese systemwidrige Verzerrung der Marktlage kann weder im Interesse der Politik noch der Kund*innen sein, für die die Solvenzquoten wichtige Indikatoren sind“, beschreibt Dr. Schneidemann das Problem.
Vor diesem Hintergrund sprechen sich die deutschen Aktuar*innen dafür aus, die Auswirkungen der EZB-Politik im Review von Solvency II genau zu untersuchen und Sondereffekte auch gesondert zu bewerten. „Ansonsten droht das Vertrauen in das seit 2016 sehr gut funktionierende Aufsichtsregime verloren zu gehen“, prognostiziert Dr. Schneidemann.
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